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[SIZE=4]Schöne Aussicht [/SIZE] (aus c't 1/1991)
[SIZE=3]Comdex Fall 1990 in Las Vegas [/SIZE]
Detlef Borchers
Während sich in den USA die Zeichen für eine Rezession mehren, verbreitete die Herbst-Comdex ungebrochenen Optimismus. Wo die großen Systeme kein Geld mehr bringen, müssen die kleinen ran: Laptops und das anfängerfreundliche Windows waren die dominierenden Themen.
Größer, schöner, kleiner - inmitten der krisengeschüttelten US-Computerindustrie war Las Vegas wieder einmal die Glitzerstadt, die fröhlichen Zweckoptimismus verbreiten durfte. Mit einer neuen Ausstellungshalle, vom Ausrichter der Messe mit großem Aufwand gebaut, bekam die Messe einen zusätzlichen Besuchermagneten; bei steigenden Besucherzahlen war das marode Bus-System dann endgültig überfordert und Schlangestehen die höchste Tugend.
Ganz anders da die Koexistenz der PC-Busse, die sich nach dem heftigen Kleinkrieg bei den letzten Messen auf ein freundliches Nebeneinander geeinigt haben. Die Frage, wer den schnellsten Datendurchsatz mit seinem 486er erzielt, wurde von der bangen Frage verdrängt, wer überhaupt noch seine Super-PCs an den Mann bringen kann: Inzwischen hat sich auch bei den Käufern herumgesprochen, daß 486er etwas schnellere 386er sind; viele Firmen verzichten bei unsicherer Wirtschaftslage auf den sonst fälligen Austausch der 386er-Server und halten an ihren alten Rechnern fest. So erzählte der kalifornische Verkaufsleiter einer bekannten Rechnermarke, daß von 2000 im Sommer aufgegebenen 486er-Bestellungen nur 56 Kunden die Maschinen wirklich kauften und der Rest die Aufträge stornierte.
Dieser Trend trifft vor allem kleinere Firmen mit ausgetüftelten und hochgelobten Systemen, die über keine große Finanzdecke verfügen. Als Beispiel mag Cheetah genannt werden; die Firma stellte mit die ersten und schnellsten 486er-Motherboards vor und wurde nun vom Mailorder-Grossisten Northgate aufgekauft. Wen wundert es da, daß der verbleibende 486er-Markt auf der einen Seite von taiwanischen No-names, auf der anderen von immer zahlreicher auftauchenden Multiprozessor-Lösungen dominiert wird. Bei den letztgenannten `Superrechnern´ à la Compaq bricht dabei zusehends ein Kampf über die Supportfrage aus, die für die verbleibenden Interessenten oft die entscheidende ist.
Andere Firmen setzen angesichts des Dollar-Verfalls auf den europäischen Export (über dem bereits jetzt mehr 486er verkauft werden als in Amerika selbst) und das Schlagwort von `Europa 1992´; besonders überzogene Erwartungen projiziert man zudem auf den osteuropäischen Markt.
[COLOR=red][SIZE=3]Überall Notebooks[/SIZE] [/COLOR]
Eine Nachtschicht müßte derjenige einlegen, der alle neu vorgestellten Notebook-Rechner mit sämtlichen technischen Details aufzählen wollte. Neben 20 Modellen bekannterer Hersteller wie AST, Epson oder Samsung konnte man mindestens weitere 20 Notebooks mit neuen taiwanischen Namen sichten. Der Notebook, ein 386SX- (seltener 286-) Rechner mit VGA-LCD, 2 MB RAM, einer Festplatte mit 20 bis 60 MB und einer Batterieleistung von 4 bis 6 Stunden avancierte damit zum Star dieser Messe. Bei einem Gewicht von 2 oder 3 kg ist er der ideale Zweitrechner für Heim und Beruf und soll sich - so ein Hersteller - in den amerikanischen Haushalten wie der Fernseher verbreiten. Während die Preise bei den Markengeräten um 4000 Dollar liegen, wurden die absoluten Clones schon für 600 bis 1300 Dollar angeboten.
Die Grenze zwischen den besseren Rechnern und den Billigmodellen wird durch die Ausstattung wie Transfersoftware im ROM, mannigfaltigen Maus-Ersatz oder ähnlichem gezogen. Besonders das Mausproblem animierte zu verschiedensten Lösungen, vom Mini-Touchpad bis hin zur Wackeltaste, die den Cursor steuert; schließlich können sich auch die Notebook-Rechner nicht dem allgemeinen Windows-Trend verschließen.
Daß es noch kleiner geht, zeigten die Vorstellungen von Megatel, Ampro Visoa und Chips & Technologies: diese Firmen zeigten allesamt XT-Rechner in Kreditkartengröße, bei denen allein der Arbeitsspeicher nicht miniaturisierbar ist. Auch mit diesen schrumpfenden Maschinen soll der wachsende Laptop-Markt bedient werden. Eine weitere Ingenieurleistung für den Laptop-Bereich konnten relativ unbekannte Firmen wie Distec, Micronet, SCSI-Express und Trantor verbuchen; sie zeigten SCSI-Anschlüsse für Laptops, mit denen über den parallelen Port CD-ROM-, WORM- oder Festplattenlaufwerke zugeschaltet werden können.
Abseits der Intel-Trampelpfade beginnt die Lizenzierungspolitik, die Sun mit seinem SPARC-Chip eingeleitet hat, Früchte zu tragen. Nicht weniger als 8 Sun-kompatible Rechner debütierten auf der Comdex, weitere 12 Hersteller kündigten ihre `Persönliche Workstation´ an. Mit der von Sun in die Wege geleiteten Veröffentlichung der kompletten SPARC-Details werden ähnliche Geräte mit `Eigenbau-Prozessoren´ von etwa 10 Herstellern erwartet.
Die auf der Messe gezeigten Geräte von CompuAdd, DCM, DTK, Goldstar, Hyundai, Mars Microsystems, TriGem und Tatung dürften den MIPS-Rechnern, den Macs und den `höheren´ Maschinen von Commodore und Atari das Leben schwer machen - falls die Softwarehersteller auf diesen wachsenden Markt umsteigen. Bei Preisen zwischen 3000 bis 4000 Dollar für einen leistungsfähigen Grafik-Rechner hat die Sun-Politik das Zeug, sich neben der Intel-Architektur mit Windows als Nummer Zwei bei den grafisch orientierten Rechnern durchzusetzen.
[SIZE=3][COLOR=red]Windows-Fieber ...[/COLOR] [/SIZE]
Die Nummer Eins wird aber eindeutig an die Intel/Windows-Kombination gehen. Im Zuge einer nahezu unübersehbaren Vielfalt an Windows-Premieren vermittelte die Comdex den Eindruck, als ob Windows der neue DOS-Nachfolger ist. Etliche Vorstellungen von windows-orientierten Treiber-Zusätzen für Speicher- und Plattenprobleme (QEMM von Quarterdeck, 386MAX von Qualitas, Turbo-EMS von Merryl & Bryan, Winsleuth von Darina) zeigten aber, daß nicht immer ungetrübte Freude über das neue Fensterln herrscht.
Die Windows-Euphorie dieser Comdex sollte nicht überschätzt werden: Ein Großteil der circa 250 neuen Windows-Programme deckt zunächst einmal den Utility-Bereich ab (Backup, Plattenverwaltung/-optimierung, Dateireparatur, Virensucher, Transfer zum Laptop und so weiter), für den es auch unter DOS hervorragende Lösungen gibt. Daneben boomen vor allem Spiele und allerlei Schnickschnack wie skurrile Screenblanker, Fensterumrahmungen oder Thermometerdarstellungen und Wetterkarten mit eingebautem Liebesgrußgenerator.
Bei den großen Anwendungen wie Textverarbeitung, Datenbank und Tabellenkalkulation gab es nur wenig zu sehen, und das beschränkte sich auch hier meist auf die notwendigen Utilities (etwa Text- oder Grafikkonverter oder mathematischer Formelsatz). Erwähnenswert vielleicht Object View und Object Script von Matesys: Windows-Programmierung zur Datenbank-Abfrage vom Großrechner oder SQL-Server, nach langer Entwicklungszeit endlich zu haben.
Wirklich sehenswerte Windows-Anwendungen außerhalb der dichtumzingelten Microsoft-Welt kamen vor allem von den Firmen, die alte Windows-Anwendungen auf Windows 3.0 umstellten: etwa die umfassend erneuerte Version 2.0 des Grafikprogramms Corel Draw, das Expertensystem Symologic Adept 2.0, der Ideengenerator Thinx oder das Formularprogramm PerForm Designer. Einen weiteren großen Batzen stellten die Anwendungen dar, die für das `Toolbook´ von Asymmetrix geschrieben wurden, das in den USA Bestandteil der ersten Windows-Verkäufe war. Ob die Messegesellschaft gut beraten ist, nunmehr eine eigene Windows-Messe ins Leben zu rufen (die parallel zur Frühjahres-Comdex stattfindet), wird sich erst nach Ablauf der Windows-Euphorie zeigen.