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[SIZE=4]Das andere Windows[/SIZE] (aus c't 3/1991)
[SIZE=3]GeoWorks Ensemble, Version 1.0[/SIZE]
Stefan Kuhne
Als Microsoft im Mai letzten Jahres (Anm.: Mai 1990) Windows 3.0 auf den Markt brachte, konnten PC-Benutzer zum ersten Mal zu einer dem Macintosh vergleichbaren grafischen Oberfläche greifen. Doch um die Fähigkeiten von Windows erst richtig auszuschöpfen, ist ein gut ausgestatteter 386er erforderlich. Mit GeoWorks Ensemble tritt jetzt ein Konkurrent zu Windows an, der auch ohne Hochleistungsrechner auf dem Schreibtisch auskommt. Ob Microsoft um Marktanteile bangen muß, zeigt ein Test der US -Version von GeoWorks.
Drei Jahre haben die Entwickler des Software-Herstellers `GeoWorks´ an einer neuen grafischen Benutzeroberfläche für PCs gearbeitet und nannten sie PC/Geos. Früheren Besitzern eines Apple II oder Commodore C-64 dürfte der Name Geos nicht gerade unbekannt sein: Als beide Rechner bereits in die Jahre gekommen waren, päppelte die Firma `Berkeley Softworks´, wie GeoWorks damals noch hieß, beide Rechner mit der grafischen Oberfläche Geos auf und verhalf ihnen damit zu einem zeitgemäßen Outfit. Nicht zuletzt das standardmäßig mitgelieferte Geos hat die Verkaufszahlen des C-64 weiter in die Höhe schnellen lassen.
Mit Ausnahme des Namens hat PC/Geos mit der C-64-Version nichts gemeinsam. GeoWorks hat bestehende Window-Oberflächen wie jene des Macintosh und des NeXT sowie `Open Look´, Windows und Presentation Manager analysiert und die Vorteile in ein neues System zu integrieren versucht. In `altmodischer´ Art und Weise haben die Entwickler dies in reinem Assembler programmiert, um eine möglichst hohe Geschwindigkeit auf allen IBM-kompatiblen Rechnern einschließlich XTs zu erzielen. Auf der Herbst-Comdex stellte die Software-Firma das System mit einer Reihe von Anwendungen als `GeoWorks Ensemble´ vor.
Das gesamte Paket findet auf sieben Disketten im 5,25-Zoll-Format (360 KByte) oder auf vier 3,5-Zoll-Floppies Platz (720 KByte). Im Lieferumfang sind beide Diskettenformate sowie ein ausführliches Handbuch (knapp 500 Seiten dick) enthalten, das in leicht verständlicher Form auch Einsteiger mit allen notwendigen Informationen versorgt. Im 38seitigen `Quick Start´ findet man aber bereits genügend Hinweise, um GeoWorks auf der Festplatte zu installieren, und um sich einen Überblick über die Anwendungen zu verschaffen. Im 24seitigen `Troubleshooting, Tips, and Extra Features´ findet man Lösungen für einige Probleme, die im Umgang mit GeoWorks entstehen können.
[COLOR=red][SIZE=3]Hübsches Gewand[/SIZE] [/COLOR]
Geos erfordert einen IBM-kompatiblen Computer mit mindestens 512 KByte RAM und einer Festplatte mit 3 MByte freiem Platz. Nach der Installation präsentiert sich GeoWorks als ein Fenstersystem im ganz neuen Gewand: Nicht nur, daß alles schön dreidimensional aussieht und der Desktop eine echte Bereicherung fürs Auge darstellt, auch die Funktionalität der Bedienungselemente läßt Windows verblassen. Das fängt schon damit an, daß es zwei komplett unabhängige Desktops gibt: einen für `Profis´ und einen für den absoluten Laien, damit dieser mit den Anwendungen sofort zurechtkommt. Ständig benötigte Pulldown-Menüs lassen sich vom Menübalken einfach abziehen und an eine andere Stelle verschieben. Dadurch gibt GeoWorks dem Anwender die Möglichkeit, die Menüumgebung für jedes im Speicher befindliche Programm individuell zu gestalten.
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GeoWorks bietet im Eingangsmenü unabhängige Desktops für Anfänger und Profis an.
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So mancher hat sich bei Fensterumgebungen zu Recht darüber geärgert, daß er nach einem Neustart den Desktop nicht wieder so vorfindet, wie er ihn verlassen hat. Bei GeoWorks ist das anders. Nach dem Neustart sind alle Anwendungen mit den zuletzt bearbeiteten Texten oder Grafiken geöffnet, der Cursor steht an der Stelle, an der man zuletzt etwas eingegeben hat, und die Fenster und Menüs sind ebenfalls in derselben Form wie vorher und am alten Platz wiederzufinden.
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Den Speicher jenseits 1 MByte verwaltet Geos lediglich zum Auslagern von Daten.
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GeoWorks unterstützt das sogenannte `Multiple Document Interface´ (MDI), mit dessen Hilfe der Benutzer in einem Programm gleich mehrere unterschiedliche Objekte wie Texte und Grafiken bearbeiten kann. Windows 3.0 besitzt zwar ebenfalls ein MDI, aber bislang nutzen es nur wenige Programme wie zum Beispiel der Programm-Manager. Bei GeoWorks hingegen macht nicht nur der File-/Programm-Manager davon Gebrauch, sondern auch noch die Textverarbeitung und das Malprogramm. Es ist allerdings schade, daß man den als Sinnbild dargestellten Programmen im Gegensatz zu Windows keine Tastaturkommandos wie Alt-F4 zuordnen kann.
[COLOR=red][SIZE=3]Private Setzerei[/SIZE] [/COLOR]
Von `Display-PostScript´ ist schon seit längerem die Rede. In GeoWorks ist etwas Ähnliches implementiert: `Nimbus Q Fontengine´. Wenn man beispielsweise eine 76 Punkt hohe Schrift setzt (es sind bis zu 792 Punkte möglich), geht dies nicht nur besonders schnell und sieht auf dem Bildschirm perfekt aus, auch auf dem Papier erscheint es vorbildlich. Da GeoWorks laut Hersteller für die große Masse der Anwender geschrieben ist (also auch für Besitzer eines XTs), haben die Entwickler ein besonderes Augenmerk auf preiswerte Drucker gelenkt. Selbst mit einem 9-Nadeldrucker kann sich der Ausdruck sehenlassen.
Die Liste der unterstützten Drucker umfaßt 276 Geräte, so daß fast jedem PC- und Druckerbesitzer das Tor zum Desktop Publishing geöffnet ist. Da GeoWorks sehr schnell arbeitet, ist selbst auf einem langsamen 8086er ein vernünftiges Arbeiten möglich. Mit einer ganzen Reihe von mitgelieferten Schriften ist man für die meisten DTP-Anwendungen gut gerüstet. Sollte das nicht ausreichen, kann man noch weitere 1600 Fonts dazukaufen.
[COLOR=red][SIZE=3]Gut durchdacht[/SIZE][/COLOR]
Der File-Manager von GeoWorks erinnert ein bißchen an GEM: Die altbekannte Mülltonne ist da, das Selektieren verschiedener Files ist genauso möglich, und bei der Dateianzeige kann man zwischen der Darstellung als Icon oder in Textform wählen. Es gibt auch noch Fenster, die die Baumstruktur des Laufwerks wiedergeben können. Man kann nahezu beliebig viele dieser Fenster aufmachen, die alle über das MDI verwaltet werden. Daß dies alles sehr gut durchdacht ist, erkennt man an den beiden Funktionen, die ein `Datenverzeichnis´ mit den GeoWorks-Daten beziehungsweise ein `Programmverzeichnis´ mit den GeoWorks-Anwendungen anzeigen.
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Der `professionelle´ Desktop ist jenem von Windows weit überlegen.
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Gleich zwei DFÜ-Programme enthält die hier getestete US-Version von GeoWorks. `GeoComm´ unterstützt XModem und eine ganze Reihe von verschiedenen Terminal-Emulationen. Als Nachteil empfand ich allerdings, daß die Anzahl der Spalten und Zeilen auf maximal 80 × 25 Zeichen begrenzt ist. `America Online´ ist für einen speziellen Mailbox-Dienst konzipiert, der in den USA im Laufe dieses Frühjahrs startet. Da der Einsatz dieser Anwendung außerhalb der USA wenig sinnvoll ist, wird sie in der deutschen Version von GeoWorks nicht enthalten sein.